Die Flora und Fauna der Ostfriesischen Inseln

Wimpertierchen der Küstendünen
auf den Ostfriesischen Inseln

(Protozoa, Ciliophora)

Zusammenfassung

Neben drei Grundwasser-Arten wurden auf den Ostfriesischen Inseln bisher lediglich 61 terrestrische Ciliaten-Taxa in Dünen-Habitaten der Insel Norderney nachgewiesen.

Summary

Ciliates of coastal dunes of the East Frisian Islands (Protozoa, Ciliophora) - Preliminary inventory of species based on data from the literature. - Besides three ciliate species from groundwater only 61 taxa of terrestrial ciliates have been recorded from dune habitats of Norderney island as yet.

Was sind... Wimpertierchen?

Die Vertreter der terrestrischen Mikrofauna, zu denen neben den genannten Protozoengruppen noch die Fadenwürmer (Nematoda, vgl. WEIDEMANN 2008), Rädertiere (Rotatoria, vgl. RIEMANN et al. 2008) und Bärtierchen (Tardigrada) gerechnet werden (DUNGER & FIEDLER 1997), leben im Porenwasser des Bodens. Alle besitzen die Fähigkeit, Trockenperioden in Dauerstadien (Cysten) zu überstehen. Außerdem sind sie in encystierter anabiotischer Form außerordentlich widerstandsfähig gegen extreme Temperaturen und leicht durch Wind über weite Entfernungen zu transportieren. Ciliaten gehören deshalb zu den Erstbesiedlern neuer Standorte, wie sie Primärdünen darstellen. So fand VERHOEVEN (1999) in 20 bis 50 cm hohen Initialdünen auf der holländischen Insel Terschelling zwischen 6 und 17 Arten pro Standort.

Die Körperform der Boden-Ciliaten variiert von ei- bis wurmförmig und ist vielfach abgeflacht. So können sie sich in engen Poren auf Bodenpartikeln bewegen. Die Körperlängen weisen eine Spanne von unter 20 bis über 150 m auf, die Körperbreiten von 10 bis über 40 m (FOISSNER 1987). Auch die Ernährungsweisen können sehr unterschiedlich sein: Neben Bakterien dienen Hefen und Detritus als Ciliaten-Nahrung sowie besonders im Boden Pilzhyphen und -sporen. Es gibt aber auch zahlreiche räuberische Arten, die sich von Flagellaten, Amöben, Rotatorien oder anderen Ciliaten ernähren (FOISSNER 1998). Die Wimpertiere nehmen damit verschiedene Positionen im so genannten mikrotrophischen Nahrungsnetz des Bodens ein (HEAL & DIGHTON 1985; VERHOEVEN 2002b).

Einleitung

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Pseudochilodonopsis mutabilis ist bei einer Größe von ca. 50 µm extrem flach und schmiegt sich an Bodenpartikel an; es verfügt über eine Mundöffnung mit Reuse, über die es Bakterien als Nahrung aufnimmt; auf Norderney wurde dieses Wimpertierchen in den verschiedensten Dünenbiotopen nachgewiesen (M. Stöckmann, verändert nach FOISSNER 1987).

Zu den bodenlebenden Einzellern zählen Geißeltierchen (Flagellata), nackte und beschalte Amöben (Amoebina, Testacea) sowie Wimpertierchen (Ciliophora). Alle vier Gruppen treten oft in hohen Individuendichten auf und spielen eine wichtige Rolle im Stoffhaushalt terrestrischer Ökosysteme (COLEMAN et al. 2004). Dennoch sind die Kenntnisse über sie gering, da es an Taxonomen mangelt. Das gilt insbesondere auch für ihre Verbreitung auf den Ostfriesischen Inseln. Die einzigen diesbezüglichen Untersuchungen führte VERHOEVEN (2001, 2002a, b) durch, aber auch diese beschränken sich auf die Wimpertier-Fauna von Dünenstandorten auf Norderney.

Vorläufiger Datenbestand auf den Ostfriesischen Inseln

Bisher wurden auf den Ostfriesischen Inseln 61 terrestrische Ciliaten-Taxa nachgewiesen. Sie wurden während lediglich je einer Probennahme-Periode im Frühjahr und im Herbst 1999 von VERHOEVEN (2002a) in Dünenhabitaten unterschiedlichen Sukzessionsalters auf Norderney gefunden. Dass diese Artenzahl nicht vollständig ist, belegt ein Vergleich mit der Artenliste von Terschelling (VERHOEVEN 1999). Dort wurden insgesamt 28 Arten in Initialdünen nachgewiesen. Davon sind mindestens 9 Arten in der Artenliste von Norderney nicht vertreten. Im Grundwasser von Norderney bzw. Langeoog wurden ferner drei Arten (Loxodes rostrum Müller, 1773, Gonostomum affine Stein, 1859 und Holosticha pullaster Müller, 1773) nachgewiesen (GAD 2003). Die Gesamtzahl der weltweit im Boden lebendenden Arten wird von FOISSNER (1998) auf über 1.100 geschätzt, von denen heute aber lediglich etwa die Hälfte beschrieben ist.

Basierend auf einem Artikel von:

Prof. Dr. Gerhard Weidemann
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Stand: 02/2009