Die Flora und Fauna der Ostfriesischen Inseln

Konfliktfeld Massentourismus

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Auf jeder Ostfriesischen Insel sind meist in Ortsnähe weite Strandbereiche als Erholungszone zur Nutzung durch Bade- und Kurbetrieb ausgewiesen. (Foto: P. Janiesch, Norderney; August 2006).

Die niedersächsische Nordseeküste und hier besonders die Ostfriesischen Inseln sind bereits seit ca. 200 Jahren ein immer beliebterer Erholungsraum v.a. für inländische Urlauber. Der Fremdenverkehr ist der bedeutendste Wirtschaftsfaktor dieser Region; besonders auf den Inseln hängt die gesamte Wirtschaftsstruktur fast ausschließlich vom Fremdenverkehr ab.

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Auf allen großen Ostfriesischen Inseln befinden sich Ortschaften mit z.T. mehreren Tausend Einwohnern, in der Hauptsaison erhöht sich die Zahl der Menschen auf den Inseln um ein Vielfaches (Foto: A. Rath, Wangerooge; Juli 2005).

Die Anfänge des Tourismus gehen auf die Gründung des ersten deutschen Nordseeheilbades auf Norderney im Jahr 1797 zurück. Im Zuge der anschließenden Einrichtung der Sommerresidenz des Königshauses Hannover auf Norderney und der Entwicklung zum internationalen Modebad mit prominenten Badegästen erlebten auch die anderen Inseln einen Zustrom erholungssuchender Gäste. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts waren bis auf Baltrum alle übrigen Inseln als Seebäder anerkannt (Tab. 1).

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Tab.1: Daten zur touristischen Entwicklung der Ostfriesischen Inseln (Stand 1994, vgl. BUNJE 1999).

Nach den Kriegsjahren entwickelten sich die Inseln zu modernen Seebädern, die als staatlich anerkannte Nordseeheilbäder mit vielfältigem Kur- und Erholungsbetrieb kontinuierlich steigende Gästezahlen verzeichneten. Vor allem die Ausweitung der Saisonzeiten über die Sommerwochen hinaus führte z.T. zu Massentourismus: Mitte der 1980er Jahre wurden für diese Inselgruppe ca. 500.000 Gäste pro Jahr registriert (BUNJE 1999), bis Mitte der 1990er Jahre stieg die Zahl auf fast 800.000 Gäste mit ca. 10 Millionen Übernachtungen an (Tab. 1). Bis zum Jahr 2000 wurden noch Steigerungen der Gästezahlen um fast 20 % erreicht (NATIONALPARKVERWALTUNG NIEDERSÄCHSISCHES WATTENMEER 2006). In den letzten Jahren blieben die Besucherzahlen allerdings annähernd konstant; eine weitere Steigerung dürfte zur Zeit auch nicht zu erwarten sein. Gut erreichbare Inseln wie Borkum, Norderney und Langeoog werden jedes Jahr zusätzlich von Tausenden von Tagesgästen besucht.

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Norderney besitzt ebenso wie Borkum und Langeoog eine tideunabhängige Fährverbindung zum Festland (Foto: R. Niedringhaus, 2008)

Der Fremdenverkehr auf den Ostfriesischen Inseln führt mit seinen Folgeerscheinungen zu erheblichen Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft, v.a. dadurch, dass die Hauptzeiten des Fremdenverkehrsaufkommens nahezu zeitgleich mit den ökologisch sensibelsten Phasen für Flora und Fauna (z.B. Brut, Aufzucht, Mauser bei Vögeln, Setz- und Säugezeit bei Seehunden) verlaufen. Neben den unmittelbaren Einflüssen wie Störungen der Brut- und Rastvögel durch Spaziergänger und den Flugverkehr (nur Spiekeroog besitzt keinen Flugplatz!), Störungen der Seehunde durch Sportboote und Ausflugsfahrten, Trittschäden an der Dünenvegetation sowie Flächenverbrauch durch Bebauung, Straßen- und Wegebau, Anlage von Park-, Camping- und Golfplätzen sind die Beeinträchtigungen wie Grundwasserabsenkung infolge verstärkter Trinkwasserentnahme oder Belastungen durch Abfall und Abwasser zu nennen.

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Campingplätze liegen oft unmittelbar in den Grauen Dünen (Foto: R. Niedringhaus, Norderney; August 1989).

Die Einrichtung des Nationalparks machte die Lösung dieser Nutzungskonflikte notwendig. Durch die Entwicklung und Umsetzung eines Zonierungskonzeptes (Nationalpark) in Verbindung mit einem Wege- und Betretungskonzept und einer gezielten Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit ist es weitgehend gelungen, einen naturverträglichen Tourismus auf den Inseln zu etablieren. Dies erscheint umso wichtiger, da für viele erholungssuchende Gäste die naturnahe Landschaft und das Naturerlebnis bei der Wahl der Inseln als Urlaubsziel eine zentrale Rolle spielen. Der Nationalpark bietet in diesem Zusammenhang auch die Chance, die Urlauber für die Belange des Natur- und Umweltschutzes zu sensibilisieren.

Basierend auf einem Artikel von:

Dr. Rolf Niedringhaus
Prof. Dr. Volker Haeseler
Prof. Dr. Peter Janiesch
Carl-von-Ossietzky-Universität
Fakultät V, Institut für Biologie und Umweltwissenschaften
D-26111 Oldenburg
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Stand: 02/2009