Die Flora und Fauna der Ostfriesischen Inseln

Die Landasseln der Ostfriesischen Inseln

(Isopoda: Oniscidea)

Zusammenstellung des Artenbestandes
anhand von Literaturdaten und eigenen Funden

Zusammenfassung

Landasseln (Oniscidea) sind ein wichtiger Bestandteil der Bodenfauna. Sie sind weltweit verbreitet, mit der größten Artenvielfalt in den Subtropen und Tropen. Trotz ihrer wichtigen Funktion bei der Zersetzung von organischem Material und bei der Humusbildung ist das Wissen über die Zoogeographie einzelner Arten äußerst gering. Bislang liegen nur wenige Nachweise über die Verbreitung der Oniscidea auf den Ostfriesischen Inseln vor. Basierend auf alten Publikationen und neuen Funden liegen Nachweise für 6 Arten vor, darunter die Kellerassel, Porcellio scaber, und die Mauerassel, Oniscus asellus, aber auch Porcellionides pruinosus, eine weit verbreitete synanthrope Art mit Ursprung im mediterranen Raum.

Summary

The terrestrial isopods on the East Frisian islands. Survey of the preliminary species composition based on data from the literature and own records. - Terrestrial isopods (Oniscidea) are an important part of the soil fauna. They are distributed world-wide, with the greatest species diversity in the subtropical and tropical region. However, in spite of their contribution to soil formation and recycling of nutrients through the breakdown of organic material, the zoogeography of species is poorly known. There are only a few recent reports on the occurence of the Oniscidea on the East Frisian islands. Based on old publications and new records, 6 species of the Oniscidea have been reported, including species as Porcellio scaber and Oniscus asellus, but also Porcellionides pruinosus, a widespread synanthrophic species with its origin in the Mediterranean basin.

Was sind... Landasseln?

Landasseln (Oniscidea) entsprechen in ihrem Habitus dem anderer Gruppen der Isopoda: Sie sind generell dorsoventral abgeflacht, ohne Carapax, und sind im Vergleich mit anderen Peracarida recht breit. Ihre Körperlänge liegt meist zwischen 5 und 20 Millimetern. Das 1. Thorakomer ist mit dem Kopf verschmolzen, sodass 7 Peraeomere frei bleiben. Das 6. Pleomer ist stets mit dem Telson zu einem Pleotelson verschmolzen. Die als Laufbeine verwendeten Peraeopoden sind gleichartig strukturiert und ohne Exo- und Epipodite. Fünf Paar Pleopoden dienen der Atmung (v.a. die Exopodite) und Osmoregulation (v.a. die Endopodite). Bei den terrestrischen Asseln wurden die Exopodite der Pleopoden auf Luftatmung umgestellt: Hier finden sich Trachealorgane oder Lungen in sehr unterschiedlichen morphologischen und physiologischen Organisationsgraden. Hauptorgan für den mechanischen und chemischen Sinn ist das bei den Oniscidea im Vergleich zum 2. Antennenpaar deutlich längere 1. Antennenpaar. Ungestielte Komplexaugen liegen an den Seiten des Kopfes, die Anzahl der Ommatidien liegt durchschnittlich bei 20-30. Die meisten Landasseln sind getrennt geschlechtlich, jedoch gibt es einige Fälle von Parthenogenese (VANDEL 1960, FRANKEL et al. 1981). Eine Begattung der Weibchen ist meist nur während der Häutungspause kurz nach der Reifehäutung möglich, da nur zu diesem Zeitpunkt die weiblichen Geschlechtsöffnungen zugänglich sind. Das durch die Oostegite aller Thorakopoden gebildete Marsupium der weiblichen Asseln dient als Brutraum der Eier, die sich hier bis zum so genannten Manca-Stadium, dem noch das 7. Peraeopodenpaar fehlt, entwickeln.

Asseln finden sich in nahezu allen marinen und limnischen Lebensräumen, wobei insbesondere in der Tiefsee und den Gewässern der Antarktis ungewöhnlich hohe Arten- und Individuenzahlen zu beobachten sind (u.a. HESSLER & SANDERS 1967; BRANDT 1991). Auf dem Land besiedeln die Oniscidea als einzige Gruppe der Crustacea alle Lebensräume. Man findet sie von den Meeresküsten bis ins Hochgebirge, vom tropischen Regenwald bis in die arktische Tundra und von den Mangrovensümpfen bis in die Wüstengebiete der Erde. Nur auf dem antarktischen Kontinent fehlen sie gänzlich. Der Übergang ist offensichtlich in Stufen vor sich gegangen und führte von halophilen Strandbewohnern über Bewohner sumpfiger Gelände zu Feuchtluft-, Wald-, Steppen- und sogar Wüstenbewohnern (GRUNER 1966; SCHMALFUSS 1983; WARBURG 1993, SCHMIDT & WÄGELE 2001).

Landasseln gehören gemeinsam mit den Springschwänzen, verschiedenen Milben, Tausendfüßern und anderen Kleinlebewesen zur typischen Fauna der Bodenoberfläche und spielen eine wichtige ökologische Rolle als Laubstreuzersetzer: Durch die mechanische Zerkleinerung des abgestorbenen Pflanzenmaterials unterstützen sie aktiv die Humusbildung (WARBURG 1993; ZIMMER & TOPP 1998; ZIMMER 2002; 2004). Weiterhin stellen Landasseln eine nicht unerhebliche Nahrungsergänzung für zahlreiche Spinnen und verschiedene Käfergruppen dar (RAUPACH 2005).

Einleitung

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Zwei auf den Ostfriesischen Inseln nachgewiesene Landasseln: (links) die bis zu 3 cm lange, an Meeresküsten vorkommende Klippenassel, Ligia oceanica; (rechts) die nur etwas über 1 cm lange, bevorzugt in Wäldern vorkommende Moosassel, Philoscia muscorum (verändert n. GRUNER 1966).

Die Isopoda oder Asseln gelten als eine der morphologisch und ökologisch vielseitigsten Gruppe der Crustacea. Einem Taxon, den Landasseln oder Oniscidea, gelang selbst die Besiedlung des Festlandes. Derzeit sind rund 4.100 Arten der Oniscidea beschrieben (SCHOTTE et al. 1995), jedoch ist in den tropischen Regionen sicherlich ein großer Teil noch unentdeckt. Über ihre Verbreitung auf den Ostfriesischen Inseln ist äußerst wenig bekannt; es liegen nur drei über 100 Jahre alte Arbeiten vor, in denen sich Angaben zur Landasselfauna finden. Die Isopodenfauna Borkums wurde recht detailliert untersucht (SCHNEIDER 1898). POPPE (1891) und HESS (1881) bestätigten im Rahmen ihrer Beiträge zur Fauna der Insel Spiekeroog lediglich den Nachweis der Kellerassel, Porcellio scaber. Erste jüngere Nachweise gelangen dem Autor 2000 auf Langeoog und Juist im Jahre 2004. Weitere Nachweise sind dem Autor nicht bekannt.

Vorläufiger Artenbestand auf den Ostfriesischen Inseln

Die vorliegende Liste umfasst 10 Arten, darunter 6 Arten der Landasseln (vgl. Anhang). Diese entsprechen etwa 12 % der etwa 50 in Deutschland vorkommenden Oniscidea, von denen jedoch einige Arten nur aus Gewächshäusern bekannt sind. Mit Porcellio scaber (der bekannten Kellerassel) und Oniscus asellus (Mauerassel) finden sich die in Deutschland häufigsten und am weitesten verbreiteten Landasseln auch auf den Ostfriesischen Inseln. Beide synanthrope Arten sind vermutlich auch auf den nicht untersuchten Inseln in der Nähe menschlicher Siedlungen (sofern vorhanden) nachweisbar. Gleiches gilt für Ligia oceanica (Klippenassel). Dieser wohl ursprünglichste Vertreter der heimischen Oniscidea bevorzugt felsiges, raues Gelände, das man typischerweise in Hafennähe vorfindet (GRUNER 1966). Interessant ist der Nachweis von Porcellionides pruinosus auf Borkum aus dem Jahre 1898. Diese ursprünglich im Mittelmeergebiet beheimatete und dort völlig unabhängig vom Menschen lebende Art, wird ansonsten fast ausschließlich in Siedlungsbereichen des Menschen synanthrop angetroffen und gilt als die am weitesten verbreitete Landassel überhaupt (GRUNER 1966). Ob Porcellionides pruinosus allerdings noch aktuell auf Borkum vorkommt, ist unklar.

Basierend auf einem Artikel von:

Dr. Michael J. Raupach
Zoologisches Forschungsmuseum Alexander Koenig
Adenauerallee 160
D–53113 Bonn
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Stand: 02/2009