Die Flora und Fauna der Ostfriesischen Inseln

Die Fransenflügler der Ostfriesischen Inseln

(Thysanoptera)

Zusammenfassung

Von den Ostfriesischen Inseln sind bis heute 46 gesicherte Nachweise von Fransenflüglern (Thysanoptera) zu verzeichnen. Diese entsprechen einem Anteil von 20 % des deutschen Artenbestandes. Gut untersucht ist lediglich die Insel Borkum, sodass noch zahlreiche weitere Arten auf der Inselkette zu erwarten sind. Zu den häufigsten Insel-Arten zählen Aeolothrips intermedius, Aptinothrips rufus, Frankliniella intonsa, Limothrips cerealium und Thrips major.

Summary

The thrips of the East Frisian islands (Thysanoptera). - A total of 46 species of thrips (Thysanoptera) are currently known from the chain of East Frisian islands. This amounts to about 20% of all thrips species known from Germany. Borkum is the only island that has been well studied so far. Hence, more comprehensive surveys on the archipelago are expected to yield further species. Native species most abundant on the islands include Aeolothrips intermedius, Aptinothrips rufus, Frankliniella intonsa, Limothrips cerealium and Thrips major.

Was sind... Fransenflügler?

Die Thrips-Fauna umfasst weltweit knapp 5.600 Arten, ca. 300 kommen in Mitteleuropa vor. Der deutschen Fauna werden 236 Arten zugerechnet, wovon 13 Arten als Neubürger seit etwa Mitte des neunzehnten Jahrhunderts mit Pflanzengut aus außereuropäischen Ländern eingeschleppt worden sind (u.a. SCHLIEPHAKE 2001, ZUR STRASSEN 2003).

Bei den Thripsen handelt es sich um kleine bis sehr kleine Insekten mit einer Körperlänge von meist unter 5 mm, die größten Arten werden bis zu 12 mm lang. Ihr Körper ist schlank und oft abgeplattet. Die Mundwerkzeuge der Thripse sind vom stechend-saugenden Typ. Sie liegen auf der Ventralseite des Kopfes weit nach hinten gerückt und sind asymmetrisch beschaffen. Sie bestehen aus drei Stechborsten, wobei die Maxillen das Saugrohr bilden; der rechte Oberkiefer ist weitgehend verkümmert. Am Ende der Beine befinden sich 1-2 Tarsalglieder; an dem letzten Glied kann durch "Blutdruck" eine sog. Haftblase (Name!) ausgestülpt werden. Fransenflügler besitzen meist zwei Flügelpaare, die sehr schmal sind und an ihren Rändern mit langen Haarfransen (Name!) versehen sind. Fransenflügler sind im Allgemeinen keine guten Flieger, oft werden sie passiv durch Wind weit verdriftet.

Bei dem überwiegenden Teil der Fransenflügler handelt es sich um Pflanzensaftsauger. Mit der linken Mandibel werden einzelne Zellen angestochen; mit den Maxillen wird anschließend der Pflanzensaft aufgesogen. Die so angestochenen Zellen füllen sich anschließend mit Luft, was zu einem typischen Silberglanz der Blätter führt. Etliche Arten saugen aber auch an Pilzen oder leben räuberisch. Zahlreiche Arten können durch ihr massenhaftes Auftreten Schäden an Kulturpflanzen (z.B. Getreide) verursachen, indem v.a. junge Pflanzenorgane direkt durch Besaugung geschädigt werden und absterben oder verkümmern; außerdem gelten etliche Arten als Überträger von Pflanzenviren. Auf der anderen Seite gibt es auch "nützliche" Vertreter, die Spinnmilben oder Blattläuse vertilgen.

Viele Arten vermehren sich parthenogenetisch, oft sind (bislang) keine Männchen bekannt. Pro Jahr entwickeln sich je nach Art eine oder mehrere Generationen. Für den Menschen sind Fransenflügler bisweilen bei Massenauftreten durch das Aufsaugen von Schweiß oder das Einfliegen ins Auge lästig. Auch wenn die Stechborsten sehr dünn sind, so ist der Stich v.a. bei sommerlich leichter Bekleidung deutlich zu spüren; z.T. treten allergische Reaktionen auf.

Einleitung

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Limothrips denticornis (Weibchen), der "Getreidethrips", lebt in den Blattscheiden von Gräsern; er tritt z.T. als Getreideschädling auf. Die Weibchen sind bis zu 2,2 mm groß, die Männchen etwas kleiner. Obwohl nur für Borkum nachgewiesen, dürfte die Art auf allen Inseln verbreitet sein (Zeichnung: M. Stöckmann, verändert nach ZUR STRASSEN 2003).

Die Fransenflügler oder Thripse (Thysanoptera) gehören zu den wenigen Ordnungen der Insekten, die bisher nicht jene Beachtung gefunden haben, wie dies beispielsweise bei den Schmetterlingen, Käfern, Hautflüglern und anderen Ordnungen der Fall ist. Bei regionalen oder lokalen Bestandserhebungen bleiben Thripse oft unbeachtet oder werden nur beiläufig erwähnt. Selbst in dem entomofaunistisch so gründlich untersuchten Mitteleuropa gibt es thripsologisch gesehen noch genügend weiße Flächen, Gebiete, deren Thrips-Fauna bis jetzt noch nicht exploriert worden ist.

Zu den Ausnahmen zählen die Ostfriesischen Inseln, für die z.T. umfassende Aufsammlungen von Borkum, Norderney und Spiekeroog aus dem letzten und vorletzten Jahrhundert vorliegen (COESFELD 1898, SCHNEIDER 1898, PRIESNER 1925, STRUVE 1940). Aktuelle Daten existieren nur als Einzelnachweise von der Insel Juist.

Im Folgenden werden sämtliche Daten zur Thripsfauna der Ostfriesischen Inseln zusammengetragen. Als Grundlage dient die erste Zusammenstellung in BRÖRING et al. (1993: 25), ergänzt um weitere Daten. Das Ergebnis ist eine kritische Artenliste auf dem aktuellen nomenklatorischen Stand (SCHLIEPHAKE 2001, ZUR STRASSEN 2003).

Datengrundlage

Die ersten Angaben zur Thripsfauna der Ostfriesischen Inseln entstammen der Arbeit von SCHNEIDER (1898), der im Zuge einer gesamtfaunistischen Bearbeitung der Insel Borkum auch 6 Thripsarten meldete. Die Fortsetzung der Inventarisierung der Borkumer Fauna wurde im Zeitraum 1930/40 von F. und R. Struve durchgeführt. Die entsprechenden Aufsammlungen ergaben 40 Neufunde für diese Insel (STRUVE 1940 sowie weitere persönliche Aufzeichnungen). Bis auf 3 Arten, deren Vorkommen als zweifelhaft angesehen werden muss, dürfte es sich um glaubhafte Angaben handeln: Das von Struve eingetragene Material wurde teils von H. Priesner (damals Cairo), teils von H. von Oettingen (damals Landsberg) determiniert. Fünfzehn Jahre vorher hatte PRIESNER (1925) eine Liste mit 13 Arten für Spiekeroog aufgestellt. Die Bearbeitung des Materials dürfte wohl auf der Grundlage seiner eigenen Monographie (PRIESNER 1926-28) durchgeführt worden sein.

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Limothrips cerealium, der "Gewöhnliche Getreidethrips" oder "Getreideblasenfuß" ist auch auf den Inseln einer unserer häufigsten Fransenflügler. Die Weibchen werden ca. 2 mm groß, die Männchen sind etwas kleiner. Die Art, die v.a. bei schwülem Wetter als "Gewitterfliege" in Massen fliegt und dann z.T. lästig ist, lebt an Gräsern und tritt z.T. als Getreideschädling in Erscheinung. Sie wurde in viele Gebiete der Welt verschleppt (Zeichnung: M. Stöckmann, verändert nach ZUR STRASSEN 2003).

Die einzigen aktuellen Angaben stammen von der Insel Juist: Im Jahr 1991 sammelte M. Boneß (Leverkusen) 7 Arten, darunter 2 Erstfunde für die Inselkette; das Material wurde dankenswerter Weise dem Senckenberg-Museum überlassen.

Vorläufiger Artenbestand

Von den Ostfriesischen Inseln wurden bis heute 52 Thrips-Arten gemeldet, davon sind allerdings zwei Arten (Mycterothrips consociatus und Haplothrips armeriae) zu streichen. Die Meldungen weiterer vier Arten sind zweifelhaft. Die restlichen 46 Arten machen einen Anteil von 20 % des deutschen Artenbestandes aus (Tab. 1).

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Tab. 1: Auf den Ostfriesischen Inseln nachgewiesene Fransenflügler (ohne zweifelhafte Arten).

Es ist durchaus berechtigt anzunehmen, dass die Artenzahl der auf der Inselkette in der Nordsee vorkommenden Thripse eher bei 80-100 liegt, wenn nicht noch höher.

Über die Hälfte der von den Ostfriesischen Inseln nachgewiesenen Fransenflügler-Arten lebt als Säftesauger auf Pflanzen. Die übrigen Arten ernähren sich von Pilzsporen, einige wenige Arten sind räuberisch. Fransenflügler sind allgemein sehr kleine Insekten von durchschnittlich 1-2 mm Länge. Von den Ostfriesischen Arten sind die Vertreter der Gattungen Cryptothrips, Megathrips und Phlaeothrips mit 3-4 mm Länge die größten Thripse; es sind dies auch die Verzehrer von Pilzsporen. Der Heliothrips haemorrhoidalis, der in Mitteleuropa nicht im Freiland existieren kann, dürfte aus einem Innenraum eines Gebäudes (evtl. Hotel) stammen; vermutlich ist die Art unbemerkt mit Topfpflanzen dorthin eingeschleppt worden. Alle anderen aufgezählten Arten sind in Europa unterschiedlich weit verbreitet.

Zu den wohl häufigsten Arten auf der Inselkette dürften Aeolothrips intermedius, Aptinothrips rufus, Frankliniella intonsa, Limothrips cerealium und Thrips major zu rechnen sein. Insel-typische Arten lassen sich nicht erkennen. Eher lässt sich festhalten, dass die Thrips-Fauna der Ostfriesischen Inseln in biologisch-ökologischer Hinsicht gut "durchmischt" ist mit Blüten-, Gras-, Blatt- sowie Rindenbewohnern.

Basierend auf einem Artikel von:

Dr. Richard zur Strassen
Forschungsinstitut Senckenberg
Senckenberg-Anlage 25
D–60325 Frankfurt am Main
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Stand: 02/2009