Die Flora und Fauna der Ostfriesischen Inseln

Parasitische Hautflügler der Gruppen Trigonalyidae, Evaniidae, Gasteruptiida
auf den Ostfriesischen Inseln

(Hymenoptera: Apocrita Terebrantes:
Trigonalyidae, Evaniidae, Gasteruptiidae)

Zusammenfassung

Von den für Deutschland bekannten, als Parasitoide lebenden Arten der Trigonalyidae, Evaniidae und Gasteruptiidae haben sich wenigstens 4 Arten auf den Ostfriesischen Inseln etabliert. Mit Brachygaster minuta und Pseudogonalos hahnii sind 2 Arten auch auf der vor etwa 130 Jahren entstandenen jungen Insel Mellum wenigstens zeitweilig bodenständig.

Summary

Trigonalyidae, Evaniidae as well as Gasteruptiidae (Hymenoptera) found on the East Frisian islands - At least four of the parasitoid species of Trigonalyidae, Evaniidae as well as Gasteruptiidae have established on the East Frisian islands. With Brachygaster minuta and Pseudogonalos hahnii, two species are at least temporarily indigenous also on the island Mellum which developed approximately 130 years ago.

Was sind... ?

Von der weltweit verbreiteten Gruppe der Trigonalyidae sind etwa 75 Arten beschrieben (s. DATHE 2003), die im Larvenstadium als Hyperparasitoide leben. Aus Europa ist mit Pseudogonalos hahnii nur eine 9-12 mm große Art bekannt, die wegen des charakteristisch gefleckten Vorderflügels im Freiland leicht mit bestimmten Wegwespen zu verwechseln ist (vgl. Foto).

Die Larven von P. hahnii leben als Hyperparasiten in Ichneumonidenlarven, die ihrerseits in Schmetterlingsraupen parasitieren. Die Eiablage erfolgt auf eine für parasitisch lebende Hymenopteren ungewöhnliche Weise. Wegen des stark zurückgebildeten Legebohrers werden die Eier nicht in die Wirte, sondern auf Blättern abgelegt. Zur Eiablage biegt das auf der Blattoberseite sitzende Weibchen den Hinterleib zur Blattunterseite, wo am Blattrand bis zu mehrere 1000 Eier deponiert werden.

Für die weitere Entwicklung ist es erforderlich, dass die Eier von Eulen- oder Spinnerraupen mit der Nahrung aufgenommen werden. Dabei muss die Eischale durch die Mandibeln der Raupe verletzt werden, um das Schlüpfen der Larven im Raupendarm zu ermöglichen (vgl. MALYSHEV 1968: 90f.). Die Larven von P. hahnii durchbohren dann die Darmwand und dringen in die Larven ihrer Hauptwirte (= Ichneumonidenlarven) ein, sofern diese vorhanden sind. Anderenfalls gehen die Larven von P. hahnii zugrunde.

Vom ersten bis einschließlich dritten Larvenstadium leben die Larven von Pseudogonalos hahnii endoparasitisch, ohne die Wirtslarven in dieser Phase entscheidend zu schädigen. Mit der Wirtslarve, die ihren absterbenden Wirt schließlich verlässt und sich ihren eigenen Kokon spinnt, verlässt auch P. hahnii die Raupe. Nach der Häutung zum 4. Stadium verlässt die Trigonalyidenlarve den absterbenden Wirt und saugt diesen dann innerhalb des Kokons aus, wo auch die Verpuppung erfolgt. Den Kokon verlässt die Imago durch ein zuvor selbst hergestelltes Schlupfloch (vgl. MALYSHEV 1968).

Für die überwiegend in den Tropen verbreitete Gruppe der Evaniidae (Hungerwespen) sind weltweit etwa 400 Arten bekannt, von denen sich in Deutschland nur drei Arten finden. Die Larven entwickeln sich in den Ootheken von Schaben (z.B. Ectobius-Arten bzw. Blatella germanica).

Von den weltweit wenigstens 650 bekannten Arten der Gasteruptiidae (Schmalbauchwespen) leben etwa 15 Arten der Gattung Gasteruption in Deutschland. Die Flügel sind wie bei Faltenwespen in der Ruhe der Länge nach faltbar. Die Larven der in Mitteleuropa vorkommenden Arten leben als Parasitoide in den Nestern solitärer Bienen. Sie ernähren sich nicht nur vom Bienenei bzw. der Bienenlarve, sondern auch von dem in der Nestzelle für die Bienenlarve deponierten Proviant. Anschließend werden häufig auch angrenzende Brutzellen heimgesucht.

Einleitung

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Weibchen der Trigonalyide Pseudogonalos hahnii auf einem Rubus-Blatt. Diese Art entwickelt sich als Hyperparasit in Schlupfwespenlarven, die in Schmetterlingsraupen parasitieren (Foto: V. Haeseler).

Auf den relativ küstennah gelegenen, vor etwa 3000 Jahren entstandenen Ostfriesischen Inseln haben sich zahlreiche als Parasiten bzw. Parasitoide lebende Arten nur etablieren können, weil ihre Wirte dort bereits vertreten waren. Bei den Arten der Trigonalyiden, Evaniiden und Gasteruptiiden handelt es sich ausnahmslos um Parasitoide, die durchaus leicht anzusprechen sind, aber z.T. nur vereinzelt auftreten oder eine versteckte Lebensweise haben. In Europa sind diese Gruppen mit nur wenigen Arten vertreten. Von den für Deutschland bislang bekannten 22 Arten wurden auf den Ostfriesischen Inseln bis heute 4 bodenständige Arten ermittelt.

Datengrundlage und Erfassungsstand

Auf den Ostfriesischen Inseln wurde Pseudogonalos hahnii erstmals im Jahr 1977 auf Mellum (22.7.77) und Langeoog (28.7.77) nachgewiesen (HAESELER 1982). In Nordwestdeutschland ist diese Art offensichtlich erst seit den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts häufiger geworden (vgl. KETTNER 1953, HAESELER 1976). Auf Norderney wurde P. hahnii von 1974 bis 1980 während 65 Tagesexkursionen nicht festgestellt. Auf den übrigen Ostfriesischen Inseln erfolgten die ersten Nachweise für Borkum am 12.8.86, Juist am 1.8.86, Baltrum am 29.6.88, Spiekeroog am 17.8.87 und Wangerooge am 27.7.89.

Aus der Gruppe der Evaniiden ist auf den Ostfriesischen Inseln nur die 3-4 mm große Brachygaster minuta vertreten. Auf Mellum, wo die Schabe Ectobius sylvestris (Poda) als alleiniger Wirt anzusehen ist, erfolgte der erste Nachweis 1978 (HAESELER 1982, 1988).

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Die Schmalbauchwespe Gasteruption pedemontanum ist auf mehreren Ostfriesischen Inseln nicht selten. Sie gehört in Deutschland zu den größten Gasteruptiiden (Foto: V. Haeseler).

Auf den Ostfriesischen Inseln ließen sich mit Gasteruption assectator und G. pedemontanum bislang lediglich zwei Arten der Gasteruptiiden nachweisen. Die Wirte dürften hier in erster Linie Maskenbienen (Hylaeus-Arten) sein, von denen wenigstens 8 Arten auf den Ostfriesischen Inseln bodenständig sind. Außerdem können hier u.a. auch Seidenbienen (Colletes-Arten), Löcherbienen (Heriades truncorum) sowie Mauerbienen (Osmia-Arten) als Wirte in Frage kommen (vgl. WESTRICH 1990, OEHLKE 1984). Die Imagines der Gasteruption-Arten sind auf den Ostfriesischen Inseln im Hochsommer regelmäßig auf Blüten mit leicht erreichbarem Nektar bzw. an den extrafloralen Nektarien des Gewöhnlichen Schneeballs (Viburnum opulus) anzutreffen.

Auf Memmert und Mellum ließ sich bislang noch keine Gasteruption-Art nachweisen, obwohl auch hier bereits geeignete Wirte zur Verfügung stehen.

Basierend auf einem Artikel von:

Prof. Dr. V. Haeseler
Carl-von-Ossietzky-Universität
Fakultät V, Institut für Biologie und Umweltwissenschaften
AG Terrestrische Ökologie
D–26111 Oldenburg
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Stand: 02/2009