Die Flora und Fauna der Ostfriesischen Inseln

Die Pflanzenwespen
der Ostfriesischen Inseln

(Hymenoptera: Symphyta)

Zusammenfassung

Die Ostfriesischen Inseln sind geologisch relativ jung. Es bestand nie eine Verbindung zum Festland, sodass alle Pflanzen und Tiere einwandern mussten. Der Kolonisationserfolg der Pflanzenwespen wurde in den Jahren 1984-1992 intensiv untersucht. Bis heute wurden 213 Pflanzenwespenarten auf den Inseln nachgewiesen. Dies entspricht 30 % aller in Deutschland vorkommenden Arten. Die Pflanzenwespenlarven sind in unterschiedlichem Grad von ganz bestimmten Pflanzenarten abhängig. Viele auf den Ostfriesischen Inseln festgestellte Pflanzenwespenarten gelten auf dem Festland als selten und im Bestand bedroht. Daher sind diese Inseln als wertvolle Rückzugsgebiete anzusehen.

Summary

Sawfly species on the East Frisian Islands (Hymenoptera: Symphyta). - Since the East Frisian islands are of young geological age and were never connected to the mainland, all plant and animal life had to immigrate. The colonisation success of sawflies was extensively investigated from 1984 to 1992. To date, 213 sawfly species have been recorded from the islands. This amounts to 30 % of all species occurring in Germany. The sawfly larvae depend on certain food plants to varying degrees. Many species occurring on the islands are considered rare and endangered on the mainland. For this reason the islands represent important refuges for these species.

Was sind... Pflanzenwespen?

Die Pflanzenwespen oder Symphyten sind auf der Erde mit ca. 10.000 rezenten Arten vertreten. Am artenreichsten ist die temperierte Zone der Nordhemisphäre. Für Europa ist von ca. 1.300 Arten auszugehen, wobei generell die Artenzahl von Norden nach Süden abnimmt (LISTON 1995). In Deutschland wurden bislang 708 Arten nachgewiesen (BLANK et al. 2001).

Innerhalb des Systems der Hymenopteren werden die Pflanzenwespen an der Basis angesiedelt. Die Ursprünglichkeit äußert sich morphologisch vor allem dadurch, dass die Pflanzenwespen keine Wespentaille haben, sondern Thorax und Abdomen in voller Breite miteinander verwachsen sind. Ökologisch kommt die Ursprünglichkeit dadurch zum Ausdruck, dass die Larven, die auch als Afterraupen bezeichnet werden, phytophag sind. Abgesehen von einigen Minierern und Gallenerzeugern sind die Larven der meisten Arten Blattfresser.

Die autökologischen Ansprüche der Pflanzenwespen sind bisher nur für wenige Arten detailliert untersucht worden. Die Larven fressen zumeist solitär an Pflanzenteilen, es gibt aber auch Arten, deren Larven gregär leben. Das Wirtspflanzenspektrum umfasst neben den Blütenpflanzen auch Koniferen, Farne, Moose und Schachtelhalme. Die meisten Arten sind mono- bzw. oligophag, d. h. an eine Wirtspflanzenart bzw. -gattung gebunden (HEITLAND & PSCHORN-WALCHER 1993, VIITASAARI 2002). Ausgesprochene Generalisten (polyphage Arten) sind eher die Ausnahme. Die Wirtspflanzen stellen offenbar nur einen, wenn auch wesentlichen Faktor für das Vorkommen der Arten dar. Die Präsenz einer Pflanzenart bedingt jedoch keineswegs automatisch das Vorkommen der daran gebundenen Symphyten.

Wegen der Flugaktivität der Imagines ist von deren Aufenthaltsort nicht unbedingt auch auf den Lebensraum der Larven zu schließen. Vielmehr ist bei vielen Arten eine deutliche Trennung der Teil-Lebensräume zu beobachten. Die Imagines von Arten solcher Gattungen wie Tenthredo, Macrophya oder Arge finden sich oft auf Blüten (meist Doldenblüten), während sich die Larven meist an völlig anderen Pflanzen entwickeln. Hier ist die Notwendigkeit mosaikartiger Strukturen (unterschiedliche Biotope auf relativ engem Raum) sehr wahrscheinlich eine Voraussetzung für das Vorkommen der Arten; ihr Lebensraum ist insofern nicht einfach auf einen bestimmten Typ zu reduzieren. Viele Pflanzenwespen sind in Saumbiotopen, also an Hecken, Feldgehölzen und Waldrändern zu finden. Die Bedeutung dieser Strukturen für die Artenvielfalt scheint sehr groß zu sein, jedoch wurde sie noch nicht genauer untersucht (vgl. TAEGER et al. 1998b).

Einleitung

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Die Pflanzenwespe Dolerus nigratus konnte auf den Ostfriesischen Inseln auch im Bereich der Binsenquecken-Vordünen festgestellt werden (Foto: C. Ritzau).

Die Ostfriesischen Inseln sind Bestandteil eines Barrieresystems, das sich von Den Helder in den Niederlanden bis zum dänischen Blåvandshuk erstreckt. Die Entstehung der Ostfriesischen Inseln fand erst im Atlantikum nach 5500 v. Chr. statt. Nach aktuellen geologischen Erkenntnissen haben sie sich auf ehemaligen Strandwall-Systemen als Barriereinseln allein aus dem Kräftespiel von Strömung, Seegang, Wind und Vegetation gebildet.

Nach der heute akzeptierten sog. Platen-Hypothese von BARCKHAUSEN (1969) vollzog sich die Genese der Inseln auf einem pleistozänen Relief ("Geest-Basis"). Durch Schwemmsand entstanden zunächst Sandplaten, die durch weitere Sandzufuhr über die mittlere Tidehochwasserlinie hinauswuchsen. Die folgende Besiedlung durch Pflanzen führte zu einer Festlegung von Sedimenten und damit zu einer fortlaufenden Erhöhung der Dünen (vgl. z. B. DOING 1983a, b, FISCHER 1975, SINDOWSKI 1973). Diese Prozesse setzten vor etwa 3.000 Jahren ein (STREIF 1990) und führten zur Entstehung unterschiedlich großer Inselkörper, die z.T. starken Veränderungen unterworfen waren. Die Dünenbildung war kein kontinuierlicher Vorgang, sondern spielte sich in mehreren Phasen ab, in denen Sturmfluten zu Meereseinbrüchen entlang der gesamten Nordseeküste führten und dabei große Mengen von Sand für die Entstehung umfangreicher Dünenzüge bereitstellten (EHLERS 1986).

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Dolerus madidus ist auch auf den Ostfriesischen Inseln eine Charakterart der Feuchtwiesen (Foto: V. Haeseler).

Die der Entstehung der "alten" Ostfriesischen Inseln zugrundeliegenden Sedimentations- und Dünenbildungsprozesse sind bis in die Gegenwart festzustellen. So entstanden die Inseln Memmert und Mellum erst vor ca. 130 Jahren. Außerdem sind immer wieder Abtragungsvorgänge zu beobachten, während derer sich beispielsweise der Große Knechtsand vom Stadium der Düneninsel zur nahezu vegetationslosen Sandplate zurückentwickelte (WIETFELD et al. 1984).

Bei einer gegenüber BRÖRING et al. (1993) nach 15 Jahren erneut durchgeführten Inventarisierung der Flora und Fauna der Inselkette wurden die verfügbaren Daten zur Pflanzenwespenfauna berücksichtigt. Durch die Auflistung der Artenbestände der einzelnen Inseln und die ökofaunistische Analyse der Daten soll die spezifische Komponente der Biodiversität dieses besonderen Küsten-Lebensraumes dargestellt werden.

Datengrundlage und Erfassungsstand

Bis zu Beginn der 1980er Jahre waren die Kenntnisse über die Pflanzenwespen der Ostfriesischen Inseln sehr lückenhaft. Erste Angaben machten ALFKEN (1891) für Juist und VERHOEFF (1891, 1893) für Norderney und Baltrum. Außerdem legte SCHNEIDER (1898) eine umfangreiche Bestandsaufnahme für Borkum vor, die auch Nachweise von anderen Inseln enthält. Die Erfassungstätigkeit auf dieser Insel wurde in den 1930er und 40er Jahren von F. und R. Struve fortgesetzt (STRUVE 1937, STRUVE 1942), sodass Borkum im Hinblick auf die Pflanzenwespen lange Zeit als eines der am besten bearbeiteten Gebiete Deutschlands galt (z.B. ZIRNGIEBL 1954).

Mit der Besiedlung der Ostfriesischen Inseln durch Insekten setzte sich ALFKEN (1924, 1930) aufgrund von Aufsammlungen auf Memmert und Mellum auseinander, wobei er allerdings auf Mellum keine Pflanzenwespen fand. Für die Zeit nach dem 2. Weltkrieg wurden nur noch einige Angaben für Wangerooge publiziert (HARZ 1965).

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Auch auf den Ostfriesischen Inseln ist die in Deutschland häufigste Keulhornblattwespe Abia fasciata vertreten (Foto: V. Haeseler).

Die aktuellsten Bestandsdaten zur Symphytenfauna der Inselgruppe resultieren aus Freilandarbeiten, die in den Jahren 1984 bis 1992 durchgeführt wurden (vgl. RITZAU 1995). Ergänzend wurden die von 1932 bis 1942 auf Borkum gesammelten Pflanzenwespen aus der Coll. Struve ausgewertet (RITZAU 1988a). Die jungen Inseln Memmert und Mellum wurden von 1984 bis 1986 bearbeitet (RITZAU 1988b). Durch diese Erfassungen kann die aktuelle Symphytenfauna der Ostfriesischen Inseln als gut untersucht gelten. Die Erfassung erfolgte im Rahmen von Tagesfahrten mit mindestens 6-stündigen Inselaufenthalten. An den einzelnen Tagen wurden die Landschaftselemente der Inseln repräsentativ begangen und jeweils Sicht- und Streiffänge mit einem Insektennetz durchgeführt. Um phänologische Aspekte zu berücksichtigen, wurde jede Insel in den Monaten Mai bis August an jeweils sechs Tagen aufgesucht (vgl. RITZAU 1995).

Aktueller Artenbestand der Inseln

Im Rahmen der aktuellen Erfassung wurden auf den Ostfriesischen Inseln 183 Pflanzenwespenarten festgestellt (Tab. 1). Auf den großen Inseln Borkum, Norderney und Langeoog waren jeweils deutlich mehr als 100 Arten nachzuweisen. Auf den jungen Inseln Memmert und Mellum wurden mit 27 bzw. 21 Arten die kleinsten Artenspektren ermittelt. Die Bodenständigkeit kann bei keiner dieser Arten ausgeschlossen werden.

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Tab. 1: Aktuelle Artenbestände der Pflanzenwespen auf den Ostfriesischen Inseln.

Nach Literaturangaben und Durchsicht der Coll. Struve von Borkum wurden für die Zeit vor 1975 30 weitere Arten nachgewiesen, sodass auf den Ostfriesischen Inseln bis heute 213 Symphyten festgestellt worden sind. Diese entsprechen 47,3 % der bislang in Niedersachsen (N = 450) bzw. 30,1 % der für Deutschland (N = 708) sicher nachgewiesenen Pflanzenwespenarten (vgl. BLANK et al. 2001).

Obwohl bereits lange vorher Hinweise auf die Zusammenhänge zwischen Artenzahl und Arealgröße vorlagen, wurde dieser Thematik erst in den 1960er Jahren größere Aufmerksamkeit gewidmet (vgl. MAC ARTHUR & WILSON 1963, 1967). Die Analyse der aktuellen Pflanzenwespendaten der Ostfriesischen Inseln ergab signifikante Korrelationen zwischen der Artenzahl und der Flächengröße ("area-per-se-Hypothese", vgl. ebenda) und zwischen der Artenzahl und der landschaftsräumlichen Diversität ("habitat-diversity-Hypothese", vgl. WILLIAMS 1964) (Abb. 1, vgl. auch RITZAU 1995). Sehr ähnliche Befunde lassen sich für andere Tiergruppen dieser Inseln feststellen (z. B. Zikaden, vgl. NIEDRINGHAUS 2008; Wanzen, vgl. BRÖRING 2008; Laufkäfer, vgl. PLAISIER & STUMPE 2008). Ein noch deutlicherer Zusammenhang (r = 0,9421**) ergibt sich erwartungsgemäß bei einem Vergleich der Artenzahl der Pflanzenwespen mit der Anzahl der Farn- und Blütenpflanzen auf den Inseln (vgl. METZING et al. 2008).

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Abb. 1: Beziehung zwischen Pflanzenwespen-Artenzahlen und Inselgröße (in Hektar, ohne Sandstrand bzw. Quellerwatt, vgl. NIEDRINGHAUS et al. 2008) bzw. Habitatdiversität (als Shannon-Wiener-Index entsprechend der Biotoptypenverteilung nach EGGERS et al. 2008).

Ein knappes Drittel der von 1984 bis 1992 festgestellten Pflanzenwespenarten (29,1 %, N = 52) ließ sich auf allen alten Inseln nachweisen. Arten, die nur auf einer Insel gefunden wurden, machen einen ähnlich hohen Anteil (22,9 %, N = 41) aus. Somit unterscheiden sich die Inselfaunen trotz der relativ starken landschaftlichen Ähnlichkeit deutlich. Dies kann als Hinweis auf die Individualität der einzelnen Inseln gedeutet werden.

Kolonisationserfolg auf den Inseln

Aufgrund der Analyse der Symphytenfauna des anliegenden Festlandes können 367 Arten als potenzielle Kolonisten der Ostfriesischen Inseln angesehen werden. Angesichts der 183 von 1984-1992 nachgewiesenen Arten ergibt sich somit eine Kolonisationsrate von 50 %. Es besteht somit ein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Kolonisten auf dem anliegenden Festland und ihrem Kolonisationserfolg auf den Ostfriesischen Inseln. Zudem stellen geringe Nahrungsspezifität, plurivoltines Auftreten und die Fähigkeit zu parthenogenetischer Fortpflanzung für die Symphyten offensichtlich Etablierungsvorteile dar.

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Larven der Schwertwespe Xiphydria camelus leben im Holz absterbender Erlen und Birken (Foto: V. Haeseler).

Dass Arten mit geringer Körpergröße in stärkerem Maß zur Kolonisierung der Ostfriesischen Inseln in der Lage waren, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass kleinere Arten häufig größere Populationsstärken erreichen. Außerdem dürften Tiere mit geringer Körpergröße eher verdriftet werden. Zudem weichen gerade unter den Pflanzenwespen mit geringer Körpergröße viele Arten vom "normalen" Blattfraß ab (Minierer, Gallenbildner, Blattrandroller und Arten, deren Larven sich in Rosaceae- Früchten entwickeln; zum Auswertungsverfahren vgl. RITZAU 1995).

Faunistische Besonderheiten

Es mag überraschen, dass nur zwei der auf den Ostfriesischen Inseln festgestellten Symphyten überwiegend bzw. ausschließlich im Küstenbereich verbreitet sind: Pontania collactanea verursacht ausschließlich an Salix repens Gallen und tritt lokal im Verbreitungsgebiet der Pflanze auf (KOPELKE 1991). Obwohl Vorkommen in Dünen-, Heide- und Niedermoorgebieten des Binnenlandes bekannt geworden sind, hat P. collactanea ihren Verbreitungsschwerpunkt im Bereich der Küstendünen.

Dolerus pachycerus hat ihren Verbreitungsschwerpunkt an Salz- und Brackmarschen, wo die Larvalentwicklung an Juncus gerardii stattfinden soll (KONTUNIEMI 1959). D. pachycerus wurde auf Memmert, Baltrum, Langeoog und Wangerooge gefunden; ältere Nachweise liegen von Juist und Borkum vor (vgl. ALFKEN 1891, RITZAU 1988a). Obwohl in der faunistischen Literatur gelegentlich Funde von Binnenlandsalzstellen gemeldet wurden, liegen gesicherte Nachweise aus Deutschland nur von den Ostfriesischen Inseln vor (vgl. BLANK et al. 1998).

Besiedlung der Lebensräume auf den Inseln

Im Hinblick auf die räumliche Verteilung der Arten auf den Inseln zeigte sich, dass in die ökologisch extremen Bereiche, wie Vor- und Weißdünen sowie Salzwiesen nur wenige Pflanzenwespenarten vorgedrungen sind (Tab. 2). Neben der vergleichsweise geringen Anzahl von Pflanzenarten, dürfte dies in erster Linie darauf zurückzuführen sein, dass sich dort Sandverwehungen und Seewassereinfluss besonders stark auswirken. Mit 58 Arten erwiesen sich die Graudünenbereiche als am artenreichsten.

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Tab. 2: Verteilung der Pflanzenwespen in den verschiedenen Biotoptypen der Ostfriesischen Inseln.

Über 20 % der Pflanzenwespenarten wurden ausschließlich in Sekundärbiotopen (Grünland, Ruderalflächen und Gehölzanpflanzungen) festgestellt, sodass die Kolonisation der Ostfriesischen Inseln zumindest für einen Teil der Arten ohne den Einfluss des Menschen unwahrscheinlich wäre. Besonders von diesen Symphyten wurden viele Arten nur in geringer Individuenzahl bzw. auf wenigen Inseln festgestellt. Dies dürfte darauf hindeuten, dass die Besiedlung dieser auf den Ostfriesischen Inseln zumeist erst seit wenigen Jahrzehnten in ihrer heutigen Ausdehnung existierenden Biotope noch nicht abgeschlossen ist.

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Craesus septentrionalis, deren Larven vor allem an den Blättern von Erlen fressen, wurde auf allen alten Ostfriesischen Inseln nachgewiesen (Foto: V. Haeseler).

In besonderer Weise betrifft das sicherlich die Siedlungsbereiche, wo beispielsweise erst seit kurzer Zeit verstärkt Nutzgärten in Ziergärten umgewandelt werden. Im Zuge dieses Wandels erfolgt eine gezielte Einführung zusätzlicher Pflanzenarten, die z.T. erst nach Einbringung von "Bodenverbesserern" gedeihen können. Mit dem Transport von Torf und Kompost dürften unbeabsichtigt weitere Pflanzenarten vom Festland auf die Ostfriesischen Inseln gelangen.

Die Ostfriesischen Inseln als schützenswerter Lebensraum

Obwohl genauere Untersuchungen zum Zustand der Lebensbedingungen für Pflanzenwespen bislang nicht vorliegen, kann nach vorläufiger Einschätzung etwa ein Viertel der von 1984-1992 auf den Ostfriesischen Inseln nachgewiesenen Arten als in Nordwestdeutschland weniger verbreitet bis selten oder nur punktuell bzw. vereinzelt auftretend gelten. Einige dieser Arten sind im Küstenbereich durchaus nicht selten und konnten auf mehreren Inseln festgestellt werden (vgl. RITZAU 1995: 96).

Knapp 14 % (N = 25) der 183 aktuell auf den Ostfriesischen Inseln nachgewiesenen Pflanzenwespenarten gelten nach TAEGER et al. (1998b) in Deutschland als im Bestrand bedroht. (Tab. 3) Die große Zahl von "Rote-Liste-Arten" im aktuellen Artenspektrum der Ostfriesischen Inseln weist darauf hin, dass anthropogene Landschaftsveränderungen (u.a. Meliorierung von Feuchtwiesen, Rodung von Hecken und Gebüschen), die im Binnenland als Gefährdungsfaktoren angesehen werden, auf den Düneninseln bislang (noch) ohne größere Bedeutung sind. Die Düneninseln können daher für viele Tierarten als Rückzugsgebiete angesehen werden, wie HAESELER (1985) am Beispiel der Aculeaten Hymenopteren darlegt.

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Tab. 3: Gefährdete Pflanzenwespen auf den Ostfriesischen Inseln (Gefährdungskategorien: 1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, R = geografische Restriktion, 3 = gefährdet, V = Arten der Vorwarnliste).

Da sich viele Arten auf den Ostfriesischen Inseln offensichtlich erst infolge anthropogener Maßnahmen etablieren und ausbreiten konnten, besteht allerdings langfristig die Gefahr, dass im Zuge fortschreitender Urbanisierung Überfremdungsprozesse eintreten und damit charakteristische Arten verdrängt werden können.

Da eine derartige Entwicklung den Zielsetzungen der Nationalparkverordnung widersprechen würde, ist es erforderlich, die Erfassungstätigkeit wenigstens für einige der auf den Ostfriesischen Inseln bearbeiteten Arthropodengruppen fortzusetzen. Dadurch ließen sich nicht nur Überfremdungsprozesse erkennen.

Aufgrund der im Vergleich zu naturnahen Gebieten des Festlandes einfacheren Biotopstruktur könnten auf den Ostfriesischen Inseln auch Artenwechsel vergleichsweise leichter nachgewiesen werden. Dies wäre u.a. im Zusammenhang mit möglichen Auswirkungen einer Klimaveränderung von besonderem Interesse.

Basierend auf einem Artikel von:

Dr. Carsten Ritzau
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Stand: 02/2009