Die Flora und Fauna der Ostfriesischen Inseln

Die Schlupfwespen
der Ostfriesischen Inseln

(Hymenoptera: Ichneumonidae)

Zusammenfassung

Die Ostfriesischen Inseln sind geologisch junge Strukturen. Sie bestehen überwiegend aus Küstendünen und Salzwiesen. Da sie nie mit dem Festland verbunden waren, mussten alle terrestrischen Pflanzen und Tiere einwandern (einschließlich des Transports durch Menschen). Während eines Zeitraums von 100 Jahren wurden 840 Arten der Ichneumonidae (Hymenoptera) auf den Inseln gefangen, 733 davon konnten bis zur Art determiniert werden. Auf der größten Insel Borkum (mit Landpflanzen bewachsene Fläche: 27 km²) wurden in den Jahren 1887-1940 mit dem Handnetz 413 Arten gefangen; diese Zahl ist sicherlich eine Unterschätzung der realen Artenzahl. Auf den kleinen und jungen Inseln Mellum (3,3 km²) und Memmert (2,7 km²) wurden in den Jahren 1984-1986 mit Farbschalen, Bodenfallen und dem Handnetz 339 beziehungsweise 355 Arten gefangen. Von den anderen Inseln sind nur kleine Serien oder Einzelfänge bekannt. Auf Mellum und Memmert ist wahrscheinlich etwa die Hälfte der nachgewiesenen Arten indigen; die anderen wandern als Adulte ein, die meisten als einzelne Weibchen. Die Ichneumoniden der Salzwiesen sind auf den Inseln gut vertreten, charakteristische Ichneumoniden der Wälder fehlen fast ganz. Die Ichneumonidenfauna der Küstendünen ist fast unbekannt.

Summary

Ichneumonid wasps on the East Frisian islands (Hymenoptera: Ichneumonidae). - The East Frisian Islands are geologically young structures. They are covered mainly with coastal dunes and salt marshes. Because they were never connected with the mainland, all terrestrial plants and animals had to immigrate (including transport by man). During 100 years, 840 species of Ichneumonidae (Hymenoptera) were collected on the islands, 733 of these being named. On the largest island Borkum (area covered with terrestrial plants: 27 km²), 413 species were collected in the years 1887-1940 by hand net. This figure surely is an underestimation of the real species number. 339 and 355 species, respectively, were collected on the small and young islands Mellum (3.3 km²) and Memmert (2.7 km²) in the years 1984-1986 by coloured pan traps, Barber traps and by hand net. From the other islands, only small series of Ichneumonidae are known. On Mellum and Memmert, about half of the species are regarded as indigenous, while the others probably immigrate as adults, most of them as single females. Ichneumon wasps living in salt marshes are well represented on the islands, whereas characteristic ichneumon wasps of forests are almost lacking. The ichneumonid fauna of coastal dunes is almost unknown.

Was sind... Schlupfwespen?

Schlupfwespen (Ichneumonidae) sind in Mitteleuropa die artenreichste Insekten-Familie. In Deutschland kommen schätzungsweise 4.000 Arten vor, davon sind 15-20 % unbeschrieben (HORSTMANN 2002). Ichneumoniden parasitieren an Larven und Puppen holometaboler Insekten (in erster Linie Lepidoptera, symphyte Hymenoptera, Coleoptera und Diptera), dazu an Spinnen-Eikokons und an subadulten Spinnen. Manche Ichneumoniden sind Hyperparasiten (Parasiten von Parasiten), insbesondere alle Arten der Unterfamilie Mesochorinae. Larven der ursprünglichen Arten leben ektoparasitisch, dabei wird der Wirt gelegentlich von der Schlupfwespe vor der Eiablage gelähmt oder getötet. Die Larven abgeleiteter Arten leben häufig endoparasitisch und die Parasitenlarve tötet ihren Wirt erst nach einer längeren Entwicklungszeit, während welcher eine Wirtslarve noch fressen und sich in vielen Fällen auch verpuppen kann. In keinem Fall überlebt der Wirt eine Parasitierung; deshalb werden die Schlupfwespen häufig als Parasitoide bezeichnet, um sie von echten Parasiten zu unterscheiden.

Einleitung

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Die zu den größten Schlupfwespen zählende Rhyssa persuasoria erreicht mit dem langen Legebohrer ihre Wirte, die in totem Nadelholz lebenden Larven von Holzwespen; auf den Inseln bislang nur von Norderney bekannt (Foto: V. Haeseler).

Die Ostfriesischen Inseln hatten nie Kontakt zum Festland, sondern sie haben sich aus Sandbänken im Meer entwickelt. Bei den "alten" Inseln (Borkum, Juist, Norderney, Baltrum, Langeoog, Spiekeroog, Wangerooge) liegt die Entstehung etwa 3000 Jahre, bei den "jungen" Inseln (Memmert, Mellum) liegt sie etwa 120 Jahre zurück. Grundsätzlich erstreckt sich bei allen Inseln in Windrichtung (Nord bis West) ein Wall aus Primär-, Sekundär- und Tertiärdünen, während sich in deren Windschatten Salzwiesen ausgebildet haben. Zusätzlich finden sich auf den alten Inseln in Dünentälern kleine natürliche Wäldchen, dazu auf eingedeichten Flächen Grünland und standortfremde Gehölze sowie im Siedlungsbereich Gärten und Ruderalflächen (vgl. Biotoptypen; EGGERS et al. 2008).

Die alten Inseln sind mindestens seit dem Mittelalter bewohnt, und seitdem findet ein umfangreicher Transport von Baumaterial (zum Beispiel Schilf für Dächer), lebenden Pflanzen und Reisigbündeln (zur Landgewinnung) vom Festland auf die Inseln statt. Auf Mellum wohnt seit 1912, auf Memmert seit 1908 (mit kriegsbedingten Unterbrechungen) jeweils im Sommer ein Vogelwart in einem Wohnhaus mit Garten. Eine Besiedlung der Inseln durch Schlupfwespen war und ist also nicht nur durch die Luft möglich. Dies zeigt das Vorkommen von Arten mit apteren oder brachypteren Weibchen auf den Inseln, insbesondere auch auf den jungen Inseln Mellum und Memmert (HORSTMANN 1988).

Datengrundlage

Von den Ichneumoniden liegt nur für die Inseln Borkum (bewachsene Fläche ohne Salicornia-Watt: 27 km²), Memmert (2,7 km²) und Mellum (3,3 km²) ein so umfangreiches Material vor, dass eine Besprechung sinnvoll ist.

Auf Borkum haben Ende des 19. Jahrhunderts SCHNEIDER (1898) und dann wieder in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts Sohn und Vater Struve (F. STRUVE 1937; R. STRUVE 1940) mit dem Handnetz Ichneumoniden gesammelt. Diese Autoren kommen auf zusammen 457 Arten, allerdings enthält diese Zahl unerkannte Synonyme und nicht bis zur Art determinierte Exemplare (siehe unten). Auf Memmert hat ALFKEN (1924) zwischen 1917 und 1921 mit dem Handnetz 178 Ichneumoniden-Arten gefangen. Einige weitere Einzelfänge sind in den Verzeichnissen von PFANKUCH (1934-1935) und KETTNER (1953-1970) enthalten.

In neuerer Zeit wurden nur auf Memmert und Mellum Untersuchungen durchgeführt. Auf diesen Inseln haben Haeseler und Mitarbeiter in den Jahren 1984-1986 in umfangreichen Serienfängen mit Farbschalen, Bodenfallen, standardisierten Streifnetzfängen und einigen Handnetzfängen Land-Arthropoden gefangen (HAESELER 1988), die Ichneumoniden aus diesen Fängen hat HORSTMANN (1988) aufgelistet und analysiert. Diese Liste verzeichnet für Memmert 357 und für Mellum 342 Arten (aus allen Fangserien, einschließlich einiger fraglicher Arten).

Von den anderen Inseln liegen nur Einzelfänge oder kleine Stichproben vor. Zuchten aus Wirten wurden auf keiner der Inseln durchgeführt. Eine vorläufige Zusammenstellung aller Fänge und Listen findet sich in BRÖRING et al. (1993: 89-101).

Das hier vorgelegte, neubearbeitete Artenverzeichnis stützt sich fast ausschließlich auf die o.g. Liste. Neben Namensänderungen aus taxonomischen Gründen (siehe unten) gibt es weitere Abweichungen. BRÖRING et al. (1993) nennen 743 determinierte Arten und 149 undeterminierte Arten mit Nummern. Von den determinierten Taxa wurden 22 gestrichen (neue Synonyme, Fehldeterminationen), 19 kommen hinzu (neue Determinationen und Neubeschreibungen). Von den undeterminierten Taxa wurden inzwischen 6 mit anderen in der Liste enthaltenen Arten synonymisiert, 7 konnten determiniert werden und 8 wurden neu beschrieben. Außerdem haben SCHNEIDER (1898), ALFKEN (1930) und STRUVE (1940) einige Exemplare aus Mangel an Kenntnissen und Literatur nur bis zur Gattung determiniert. Diese wurden von BRÖRING et al. (1993) als eigene Taxa mit Nummern abgetrennt, aber sie gehören wahrscheinlich überwiegend zu anderen mit Namen oder Nummern angeführten Arten. Sie werden hier ganz weggelassen.

Artenbestand

Das neue Verzeichnis enthält für die Inselkette 840 Arten (Tab. 1), darunter 733 determinierte und 107 undeterminierte. Hinzu kommen noch 8 zweifelhafte Arten.

Für Borkum werden 408 Taxa, für Memmert 467 Taxa und für Mellum 342 Taxa angeführt (jeweils determinierte und undeterminierte Arten, ohne zweifelhafte). Für Memmert gehen sowohl die für den Zeitraum 1917-1970 ausgewerteten Handnetzfänge (vgl. ALFKEN 1924, PFANKUCH 1934-35, KETTNER 1953-1970) als auch die von HORSTMANN (1988) für den Zeitraum 1984-1986 ausgewerteten Fallenfänge ein. Da über diesen langen Zeitraum sicherlich Arten verschwunden und andere eingewandert sind (ebd.), stellt der für Memmert errechnete Wert möglicherweise eine Überschätzung der Artenzahl eines bestimmten Zeitpunkts dar.

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Tab. 1: Auf den Ostfriesischen Inseln festgestellte Schlupfwespen; ohne zweifelhafte Arten.

Die Vergleichbarkeit der Fangdaten ist eingeschränkt. Ein vergleichsweise geringer Mangel ist, dass sich in den 100 Jahren Bearbeitungsgeschichte die wissenschaftlichen Namen der Gattungen und Arten vielfach geändert haben, so zum Beispiel zwischen der von BRÖRING et al. (1993) und der hier vorliegenden Liste bei 14 % der Namen.

Viel wichtiger ist, dass kritische taxonomische Bearbeitungen der europäischen Ichneumonidae erst seit etwa 1950 publiziert werden (wenige Ausnahmen), dass also viele vorher durchgeführte Determinationen unsicher sind. So waren von 71 Arten, die ALFKEN (1924) für Memmert gemeldet hat und von denen Material noch auffindbar war, 17 Arten (24 %) fehldeterminiert (HORSTMANN 1988). Ähnlich hohe Anteile von Fehldeterminationen sind auch bei den von SCHNEIDER (1898), F. STRUVE (1937), R. STRUVE (1940), PFANNKUCH (1934-35) sowie KETTNER (1953-70) publizierten Listen zu erwarten. Korrekturen wären möglich, da die Sammlungen dieser Autoren teilweise noch vorhanden sind, wurden aber wegen des hohen Zeitaufwands nicht durchgeführt. Die Nachweise von Arten aus älteren Veröffentlichungen werden deshalb ohne Nachprüfung übernommen.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen den älteren und neueren Untersuchungen ist, dass sich die älteren auf Handnetzfänge, die neueren fast ausschließlich auf standardisierte Fallenfänge stützen. Mit dem Netz fängt man vorzugsweise größere Individuen, die Blüten besuchen oder sich in der Vegetation bewegen, mit am Boden aufgestellten Farbschalen oder Bodenfallen dagegen zusätzlich kleine Individuen, die am Grund der Vegetation oder am Boden nach Wirten suchen (HORSTMANN 1988). So werden von Borkum nach Handnetzfängen 40 Arten der Unterfamilie Banchinae und 11 Arten der Gattung Dusona angeführt, von Memmert nach Fallenfängen nur 15 beziehungsweise 2 Arten (jeweils eher große auffällige Individuen). Andererseits wurden auf Borkum mit dem Handnetz 16 Arten der Gattung Gelis, 14 Arten der Gattung Phygadeuon und 11 Arten der Unterfamilie Orthocentrinae gefangen, auf Memmert mit Fallen aber 29, 27 beziehungsweise 37 Arten (jeweils eher kleine Individuen, die sich auf der Bo-denoberfläche aufhalten). Aufgrund dieser Überlegungen kann man annehmen, dass die für Mellum und Memmert in den Jahren 1984-1986 ermittelten Artenzahlen den aktuellen Stand einigermaßen korrekt wiedergeben. Die für Borkum und für die ganze Inselkette angegebenen Artenzahlen stellen dagegen sicher eine starke Unterschätzung dar.

Indigene und xenotope Arten

Ichneumoniden sind sehr vagil; schätzungsweise mindestens 30 % der an einem Standort gefangenen Arten pflanzen sich dort nicht fort, sondern sind xenotop ("tourists"). Dabei entfernen sich vor allem die Weibchen von ihrem Geburtsort, während die Männchen am Geburtsort aktiver sind, sich aber weniger weit von diesem entfernen (HORSTMANN 1970a). Arten, die mit mehreren Exemplaren und mit einem Übergewicht von Männchen an einem Standort gefangen werden, sind dort vermutlich indigen; als einzelne Weibchen gefangene Arten sind überwiegend xenotop. Nach solchen Gesichtspunkten vorgenommene Abschätzungen und die Ergebnisse von Zuchten zeigen, dass sich auf der sehr kleinen nordfriesischen Insel Habel (8 ha) von 113 gefangenen Arten nur höchstens 32 (28 %) auf der Insel selbst fortpflanzen (HORSTMANN 1970a, 1970b). In dem mit Farbschalen gefangenen Material auf Mellum sind schätzungsweise 169 Arten, auf Memmert 153 Arten indigen (Mindestzahlen), das sind jeweils etwa 50 % der gefangenen Arten (HORSTMANN 1988).

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Callajoppa cirrogaster (hier: Weibchen) ist mit 23 mm Körperlänge eine der größten einheimischen Schlupfwespen. Sie wurde von mehreren Ostfriesischen Inseln nachgewiesen. Die Art parasitiert an verschiedenen Schwärmern (Lepidoptera, Sphingidae) (Foto: V. Haeseler, Norderney).

Auf den größeren alten Inseln sind die absoluten Zahlen und die Anteile indigener Arten in den Fängen vermutlich höher, weil die potentiellen Lebensräume der Arten größer und zusätzliche Lebensräume vorhanden sind. Eine Abschätzung ist nicht möglich, weil nur Handnetzfänge vorliegen. Ein Zuflug xenotoper Arten kann von anderen Standorten auf der jeweiligen Insel, von benachbarten Inseln oder vom Festland erfolgen; dies ist in der Regel unbekannt. Schließlich ist die Zahl der indigenen Arten an einem Standort begrenzt, während die Zahl der gefangenen xenotopen Arten mit der Fangintensität und Fangdauer zunimmt (HORSTMANN & FLOREN 2008). Aus diesen Gründen lässt sich die Zahl der auf einer Insel vorkommenden Arten nicht sinnvoll definieren, und die Zahl der zu einem bestimmten Zeitpunkt indigenen Arten würde sich nur durch intensive Untersuchungen ermitteln lassen, die Fallenfänge und Zuchten aus den Wirten einschließen.

Da die Zuwanderung letztlich vom Festland erfolgen musste, ist die Anzahl der dort vorkommenden Ichneumoniden-Arten von Interesse. Für ein Gebiet um Bremen mit einem Radius von 40-50 km wird die Artenzahl auf 1.500 bis 2.000 geschätzt (HORSTMANN 1988). Von dieser Größenordnung ist der Artenbestand, aus dem die Ichneumonidae auf den Inseln stammen.

Zuordnung zu Lebensräumen

Eine Zuordnung von Ichneumoniden-Arten zu bestimmten Lebensräumen ist nur in einigen Fällen möglich. Viele Ichneumoniden-Arten sind oligophag oder polyphag, und ihre Wirte sind ebenfalls polyphag, und/oder sie kommen in verschiedenen Lebensräumen vor. Selbst wenn für viele häufige Parasitenarten Wirte bekannt sind, lässt sich daraus nur in einigen Fällen eine Biotopbindung erschließen. Es müssten dazu Zuchtdaten der Schlupfwespen von den jeweiligen Standorten vorliegen.

Die charakteristischen Ichneumoniden der Salzwiesen sind durch Untersuchungen an der Nordseeküste Schleswig-Holsteins bekannt, dabei wurden auch Zuchten aus den Wirten durchgeführt (HORSTMANN 1985 und frühere Publikationen). Bei diesen Analysen blieben allerdings die Gattungen Neurateles, Picrostigeus, Orthocentrus und Stenomacrus (Orthocentrinae) unbearbeitet, da sie undeterminierbar waren. Von den von HORSTMANN (1985) aufgelisteten 25 Salzwiesen-Arten ist eine unbenannt (Campoplex sp.), alle anderen wurden zumindest auf einer der Ostfriesischen Inseln nachgewiesen. Zwei Arten waren vor 1970 noch unbeschrieben (Aclastus eugracilis, Barycnemis blediator), eine weitere ist unzureichend bekannt (Campoletis fasciata). Von den übrigen 21 Arten werden 14 auch von Borkum angeführt. Bei den dort nicht nachgewiesenen Arten handelt es sich überwiegend um Arten mit kleinen Individuen, die auf der Bodenoberfläche leben und deshalb mit dem Handnetz nicht leicht zu fangen sind (Aclastus minutus, Atractodes pusillus, Ceratophygadeuon varicornis, Gelis nigritulus; Cryptinae). Man kann annehmen, dass die Gruppe der Salzwiesen-Arten auf den Ostfriesischen Inseln weitgehend vollständig vertreten ist.

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Die weltweit verbreitete Schlupfwespe Diplazon laetatorius ist auch auf den Ostfriesischen Inseln weit verbreitet und häufig. Sie parasitiert an Schwebfliegen und ist thelytok parthenogenetisch (verändert nach TOWNES 1971).

Die Ichneumoniden-Fauna der Küstendünen wurde in Mitteleuropa bisher nicht analysiert. Es lassen sich nur in wenigen Fällen Hinweise geben, die mehr anekdotischen Charakter haben. Die sieben europäischen Arten der Gattung Exephanes (Ichneumoninae) parasitieren an Noctuidae, deren Larven in Pflanzenstengeln leben (HINZ & HORSTMANN 2000). Nur zwei von ihnen (E. femoralis, E. ischioxanthus) sind auf den Ostfriesischen Inseln nachgewiesen worden. Ihre Wirte [Chortodes elymi (Tr.) und Mesoligia furuncula (D. & S.)] leben in Gräsern auf Küstendünen (vgl. KLEINEKUHLE 2008: Großschmetterlinge der Ostfriesischen Inseln). DieGattungen Endromopoda und Fredegunda (Pimplinae) sind auf den Inseln mit 5 Arten vertreten, deren Wirte in Stengeln und Gallen großer Gräser leben (FITTON et al. 1988).

Entsprechend der auf den Inseln noch geringen Ausbildung größerer Wälder fehlen von einer Ausnahme abgesehen Nachweise von Arten der Unterfamilien Poemeniinae, Rhyssinae und Xoridinae, die typischerweise in Wäldern leben und am Festland vorkommen (PFANKUCH 1934-1935). Auch Arten der Gattungen Dolichomitus und Liotryphon (Pimplinae), ebenfalls Parasiten von xylophagen Wirten, sind auf den großen Inseln selten und fehlen in den Fängen von Mellum und Memmert. Bemerkenswerterweise fehlen auch Nachweise einiger Parasiten von Schilfeulen [Chasmias paludator (Desvignes), Exephanes occupator (Gravenhorst), Limerodops unilineatus (Gravenhorst); Ichneumoninae] (HINZ & HORSTMANN 1999), obwohl Schilf (Phragmitis australis) auf den Inseln weit verbreitet ist (vgl. Biotoptypen; EGGERS et al. 2008) und die Schilfeulen (Archanara-Arten; Noctuidae) auf den Inseln vorkommen (BRÖRING et al. 1993). Ein Grund dafür ist unbekannt.

Basierend auf einem Artikel von:

Dr. Klaus Horstmann
Lehrstuhl Zoologie III, Biozentrum
Am Hubland
D-97074 Würzburg
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Stand: 02/2009