Die Flora und Fauna der Ostfriesischen Inseln

Norderney

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Blick von Westen auf Norderney (Foto: H. Kolde, 2001).

Norderney ist mit ca. 27 km² nach Borkum die zweitgrößte und mit 3 km Festlandsabstand die am wenigsten isolierte Insel vor der niedersächsischen Küste.

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Das Wahrzeichen Norderneys, der 55 m hohe, 1849 erbaute und 2003 sanierte Leuchtturm (R. Niedringhaus, 2008)

Norderney ist die jüngste der bewohnten Ostfriesischen Inseln: Als "Oesterende" wird sie 1398 erstmalig urkundlich erwähnt, wahrscheinlich ist sie das östliche Teilstück der im 14. Jahrhundert auseinandergebrochenen Insel Buise (HOMEIER 1964, zit. n. STREIF 1990). Während der westliche Teil bis Ende des 17. Jahrhunderts vollständig aufgerieben wurde, entwickelte sich "Norderoghe", "Norderoog", "Norderneye oog" - wie die Insel im Verlauf der Zeit genannt wurde - kontinuierlich weiter, von einer Länge von etwa 8 km Mitte des 17. Jahrunderts bis auf 14 km heute. Den ab Beginn des 19. Jahrhunderts verstärkt auftretenden Erosionen am Westende begegnete man mit umfangreichen Befestigungsbauwerken in den Jahren 1857/58. Heute wird der Westkopf durch ein 6 km langes, massives Dünenschutzwerk mit 32 Buhnen vom Hafen im Süden bis zum Nordstrand geschützt. Dies ist notwendig, da hier unmittelbar die Stadtfläche von Norderney beginnt, mit 6.200 Einwohnern die größte Ortschaft auf den Ostfriesischen Inseln.

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Auf Norderney existiert der einzige "Dünen-Golfplatz" Deutschlands. (Foto: R. Niedringhaus, Aug. 1989)

Norderney ist durch die Gründung im Jahr 1797 das älteste deutsche Nordseeheilbad, seit 1819 ist es Staatsbad. Den Aufstieg zum internationalen Modebad verdankt Norderney der Eröffnung der Spielbank im Jahr 1822 und der Verlegung des Sommersitzes des Königshauses Hannover 1836 auf diese Insel. Im Jahr 2004 zählte Norderney 300.000 Gäste mit ca. 3.2 Millionen Übernachtungen. Hinzu kommen in den Sommermonaten Tausende von Tagesgästen, die durch die kurzen, tideunabhängigen Fährverbindungen problemlos auf die Insel gelangen. Norderney ist neben Borkum die einzige Ostfriesische Insel, auf der Autoverkehr eingeschränkt erlaubt ist.

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Flugplatz auf Norderney (Foto: R. Niedringhaus, 2008)

Die Südseite Norderneys ist bis zur Hälfte durch Deiche geschützt: Durch den Grohdedeich im Osten (1926/28) wurden 180 ha Grünland gewonnen, die zunächst ackerbaulich, dann als Wiesen und Weiden genutzt wurden. Im westlichen Teil befindet sich auch der Inselflugplatz. Der 1940/41 errichtete Südstrandpolderdeich umschließt ein ca. 140 ha großes, ursprünglich als Militärflugplatz geplantes Areal, das sich zu einem für Brut- und Rastvögel wertvollen Feuchtgebiet entwickelte und 1961 unter Naturschutz gestellt wurde. Nachdem das Gebiet durch Verbuschung und Verlandung bedroht war, wurden 1987/88 großflächige Teiche mit naturnahen Ufern und ausgedehnten Flachwasserzonen angelegt. Heute ist der Südstrandpolder mit seinen großen Schilf-Röhrichten und Feuchtgebüschen wieder ein wertvolles Vogelschutzgebiet. Das dem Polder entnommene Material wurde zur Erhöhung des Hafendeiches verwendet, der zusammen mit dem Westdeich (1980/83) den Süden und Südwesten der Ortschaft Norderney schützt.

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Erosion einer Graudüne durch Kaninchen (Foto: R. Niedringhaus, Norderney)

Der im Inselzentrum befindliche alte Graudünenkern entspricht in etwa dem Dünenareal Mitte des 19. Jahrhunderts. Erst danach wurde das sich östlich anschließende, etwa 6 km lange Dünenareal gebildet. Im östlichen Inseldrittel, wo keine Eindeichungen die natürlichen geomorphologischen Prozesse stören, lassen sich die charakteristischen Abfolgen von Vordüne, Weißdüne, Graudüne und in Lee der Dünenfelder die Salzwiesenformationen erkennen und stellenweise die hochdynamischen Umlagerungsprozesse beobachten. In den Dünenzonen finden sich neben den primären Dünentälern durch Windausblasungen und Meereseinbrüche entstandene Senken mit offenen Brackwasserflächen und Salzsümpfen. Weiter westlich gelegen auf Höhe des Grohdepolders befindet sich ein etwa 2 km langes, ca. 300 m breites, feuchtes Anmoor-Dünental.

Die alten Dünen im westlichen Mittelteil der Insel wurden wiederholt durch äolische Prozesse umgelagert. So wurden z.B. die Dünen östlich der Meierei - heute Grünlandflächen - in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ausgeblasen. Ein Großteil des Sandes wurde weiter südlich in der sog. Möwendüne wieder abgelagert. Auch heute lassen sich in den älteren Graudünenkomplexen an vielen Stellen mit zerstörter Vegetationsdecke Windanrisse feststellen. Die auf Norderney zeitweilig extrem hohen Kaninchenpopulationen dürften in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle spielen.

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Tab. 1: Verteilung der Biotoptypen auf Norderney.

Mit über 80 ha besitzt Norderney nach Borkum die größten Waldflächen auf den Ostfriesischen Inseln (Tab. 1).

Der überwiegende Teil wurde gepflanzt, wie z.B. die Laubgehölze des Kurparks und der Kiefernwald im östlichen Ortsteil. Aber auch außerhalb der Ortschaft wurde stellenweise aufgeforstet, z.B. in den 50er Jahren das Erlenwäldchen am Flugplatz und ein kleines Erlenwäldchen im östlichen Teil des Grohdepolders. Natürlich aufgewachsene Birken-Erlen-Wäldchen sind v.a. in den feuchten Dünentälern im Inselzentrum zu finden, wo sie sich in den letzten Jahrzehnten verstärkt ausgebreitet haben und die ursprüngliche Feuchtvegetation (z.B. Feuchtheiden) verdrängt haben. Größere Flächen mit Erica tetralix finden sich auf Norderney nur noch am nördlichen Rand des Südstrandpolders, sind aber auch hier durch aufkommenden Gehölzaufwuchs v.a. durch Birken gefährdet. Eine entscheidende Ursache für den Rückgang dürfte die in den Sommermonaten regelmäßig auftretende Grundwasserabsenkung durch gestiegenen Wasserverbrauch sein.

Basierend auf einem Artikel von:

Dr. Rolf Niedringhaus
Prof. Dr. Volker Haeseler
Prof. Dr. Peter Janiesch
Carl-von-Ossietzky-Universität
Fakultät V, Institut für Biologie und Umweltwissenschaften
D-26111 Oldenburg
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Stand: 02/2009